Bedrohliche Zeiten
„Ich lernte Freunde kennen, die mir halfen, die mich aber auch in Anschauung und Lebensart verwirrten. Dazu kam die Nazizeit, die 1930 aktiv begann mit Aufmärschen, Rivalitäten, Krawall. Ich weiß noch, daß ich mich sehr ärgerte, wenn in der Presse von den großen Demonstrationen der Arbeitslosen, der Hungernden, der Sozialisten kaum Kenntnis genommen wurde.
Die Nazis wurden immer brutaler. 1933 waren sie an der Macht. Eine Protestzeitung wurde gegründet. Ich begann, für diese Zeitung Zeichnungen mit politischen Themen zu machen. Das ging so bis 1935. Als kein Druck mehr möglich war, wurden Flugblätter in Handabzügen in meinem Atelier hergestellt.
Man verriet mich, ich wurde verhaftet. Sechzehn von unserer Widerstandsgruppe, von den Protestlern und Sozialisten, die wir waren, kamen um, wurden mißhandelt, ermordet, hingerichtet. Ich wurde oft zusammengeschlagen, aber meine Sturheit rettete mich. Ich gab nichts zu. Eine schreckliche Situation. Ich leide noch unter diesem Erlebnis. Ein Albtraum, der mich bis heute zwischen Traum und Wachsein überfällt.
Dreieinhalb Jahre Zuchthaus wurden beantragt. Ich spielte den Verrückten. Viel brauchte es auch nicht mehr dazu. Die Geisteskrankenabteilung des Klingelpütz in Köln nahm mich auf zur Untersuchung. Wenn ich das noch einmal beschreiben müßte, wie es dort zuging, müßte ich erneut um meinen Zustand fürchten.
Wieder und wieder Gestapoverhöre, knarrende Stiefel, Zuknallen von Eisentüren – ich war jung, hatte Wut auf die Nazis und hielt auch hier meinen Mund nicht immer, und es gab dann besondere Schwierigkeiten. Schließlich sah man doch wohl den unzurechnungsfähigen Künstler in mir und die ganze Sache als nicht so schlimm an – oder weshalb auch immer, ich konnte gehen … Aber die große Angst blieb, bis Kriegsschluß – auch als Soldat wurde ich immer überwacht. Ein Leben hinter Masken.“
Masken weisen auf die späteren starren, ornamentalen Köpfe seiner Kirmesfiguren – in ihnen zeigt sich früh die Lust am Skurrilen und der doppelsinnig trauernde Humor.