Techn. Zeichner und Kirchenmaler

Technischer Zeichner und Kirchenmaler

Der Zeichenlehrer hatte Carls künstlerische Begabung erkannt und seiner Mutter und Großmutter geraten, den Jungen technischer Zeichner oder Drucker werden zu lassen. So fing er nach der Schulzeit bei der Firma Phönix, einem Röhrenwerk, als technischer Zeichner an. Die Ausbildung endete mit dem „kölschen Johr“. Ein „kölsches Johr“ sind vierzehn Tage Arbeit, Lohn, Entlassung.

Mit diesem ersten Gehalt kaufte Carl Naturalien für die Familie. Niemand nahm den Vorfall tragisch. „Da hast du ja ein ‚kölsches Johr‘ gemacht“, sagte seine Mutter und lachte. Eine neue Lehrstelle als Kirchenmaler wurde gefunden, und diese Arbeit machte Carl mehr Spaß. Hier erlernte er noch die traditionellen alten Handwerkstechniken, die ihm später als freischaffendem Künstler sehr nützlich werden sollten.

„Mit dem kölschen Johr ging mein technischer Beruf zu Ende. Nun sollte ich Dekorationsmaler werden. Durch Zufall kam ich an eine Firma, die auch Kirchenmalerei betrieb. Aber auch Kinos wurden damals in expressiv-dekorativem Stil mit künstlerischem Anspruch ausgemalt. Da mußten Pflanzenornamente gemalt werden, Paneele, Verzierungen jeder Art. Leider war ich so tüchtig, daß ich einfach nicht zur Ausbildung ins Atelier kam, sondern gleich in die Praxis und dort auch blieb. Und doch lernte ich auch ohne Atelier eine Menge; schließlich avancierte ich vom Gehilfen zum Gesellen nach dreieinhalbjähriger Lehrzeit bei der Firma Dortmann & Fitz. Aber ich wollte unbedingt Maler werden, richtiger Bildermaler, und begann Niederrheinstudien zu machen, nachdem ich ziemlich schnell einen Van-Gogh-Expressionismus überwunden hatte. Ich benutzte auch große Leinwände für strenge Kompositionen.

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Kirchgang an einem Regentag, 1928

Zur Wandmalerei, zu ihrer Monumentalität, ihrem Anspruch, den Gesetzen der Wand untertan zu sein, hatte ich schon immer eine Neigung gehabt. Der Leiter der Akademie, Professor Fahrenkamp, sagte später immer wieder: ‚Sie müssen unbedingt an die Wand, Sie müssen an die Wand!‘ Fahrenkamp kaufte auch sehr früh Bilder von mir. Die Strenge gefiel ihm, und die figürlichen Kompositionen waren ‚wandmäßig‘ trotz Plastizität und Räumlichkeit.

Jedenfalls lernte ich das Handwerkliche gut. Nur hatte diese Zeit zu lange gedauert. Ich war zu ängstlich, um zur Akademie zu gehen, weil ich nicht wußte, ob das, was ich konnte, ausreichen würde. Ich hatte ja keinen Förderer. Die handwerkliche Beherrschung des Metiers war aber eine Voraussetzung für die Akademie. Und da diese bei den Akademiejüngern oft nicht gegeben war, konnte ich später daraus Nutzen ziehen, dachte ich.

Zunächst mietete ich aber ein Atelier und arbeitete für mich. Dort sind die kleinen Landschaften entstanden, die ich gerettet habe. Einige Freundschaften gaben mir Halt und Mut, allein weiterzumachen. Man bedenke: Es war eine ganz furchtbare Zeit, nur wenige kauften Bilder, es gab große Not, die Arbeitslosigkeit war verheerend und die Wirtschaftskrise von unvorstellbarem Ausmaß. Ich ging stempeln und meinte, die Zeit kannst du nutzen zum Malen und zur Ausbildung. Daneben nahm ich alle Arbeiten an, die ich bekommen konnte, setzte Glasscheiben in Fenster ein, schrieb Schilder und war Anstreicher und Tapezierer. Von dem Verdienst kaufte ich Farben und konnte recht und schlecht leben. Eine große Hilfe war für mich der Düsseldorfer Kunstverein, der meine liebsten Bilder ausstellte und verkaufte.“

Aus: Karl-Heinz Hoyer, Carl Lambertz, S. 16, 18.

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