Reiseeindrücke
Eine frühe abenteuerliche Reise nach Jugoslawien 1949 schlägt sich in Zeichnungen und Ölbildern nieder. In ihnen dominiert wieder die Ordnung und Strenge des Lambertzschen Bildaufbaus und die Einfachheit der Bildvorwürfe: Frauen mit Obstkörben, Architekturen, Gassen, Gebäude.
Geblendet von der weißen Sonne, berauscht vom Süden, von der Klarheit der Kontraste, versucht Carl Lambertz draußen vor der Natur zu malen. Ein verzweifelter Kampf, der nicht gelingt: die Farben sind zu grell, die Momente zu flüchtig, der Aufenthalt ist zu kurz. Diese Bemühung verhilft ihm immerhin zu der grundsätzlichen Erkenntnis, daß eine andere, neue Wahrheit nur aus der veränderten Wirklichkeit zu gewinnen ist. „Ein Malen ohne Nachdenken – Fleiß allein nützt nichts -, das geht für mich nicht.“
Das Schaffen aus der Vorstellung, aus dem Gedächtnis, die spätere Realisation seiner Eindrücke im Atelier, lassen ihn die besten Bilder machen. Und so entstehen auch wenige mehr tonige Allegorien wie z. B. „Überfahrt“.
Auf der Spanienreise von 1952 – sie führt von Nordfrankreich über die Provence bis nach Barcelona – malt Carl Lambertz nicht mehr vor der Natur. Zuviel Neues, Fremdartiges wirkt auf ihn ein; daneben genießt er den hellen, warmen Süden.
In Barcelona erlebt er katalanische Romanik, sieht eine erhabene Reihung gotischer Kruzifixe – tief betroffen von großer Kunst, von menschlicher Größe und Grausamkeit. Archaische Idole, iberische expressive Plastik, antike Gebrauchsgegenstände aus Ampurias, im Museum von Gerona, reizen den Künstler zum Nachbilden und Abwandeln, auch zum plastischen Formen – später, in der Stille des Ateliers.
Die spanische Reise verfestigt noch die Bildstruktur. Hier schlägt sich das klassische Erlebnis mittelmeerischen Lichtes und kubisch-strenger Architekturschachtelungen nieder.
Bei Picasso war es die Jugenderfahrung des Spaniers, die später zum Kubismus führte; bei Carl Lambertz ist Rückführung auf einfache Formen oberstes Prinzip, Ausdruck seiner Suche nach der „geometrischen Ordnung“.
„Spanische Netzflickerinnen“ sitzen als Silhouetten vor dem hellen Hintergrund; die Boote im oberen Rand sind rhythmisch gereiht. Deutlich ist die Fläche in Vordergrund, Mittel- und Hintergrund geschichtet und dabei die Bildeinheit gewahrt worden. Die Farben sind verhalten und stützen die Räche.
Flächigkeit, „Flächenspiele“, waren für Carl Lambertz damals die Möglichkeit, den Weg zur Abstraktion, zur Vereinfachung zu gehen.
Seit 1949 versucht sich Carl Lambertz auch in der Technik der Lithographie. Zaghafte Versuche sind es, zunächst nur ein Ausprobieren der neuen Technik. Ein »Reiher« als erster Versuch, dem „Schwäne“ folgen. Andere Blätter wie „Cäcilia“ oder „Zwei Frauen mit Petroleumlampe“ zeigen melancholische, starre Geschöpfe in einer Art und Motiven, die Experiment und Suche sind.
Carl Lambertz erzählt von dem Bild „Gasse in Antwerpen“ (1958), daß es auf einer Reise in den Orient – ein Stipendium des Schiffsreeders Konsul Entz aus Rendsburg – entstanden sei:
„Zur Technik sei gesagt: es ist mit dem Messer gemalt, einem elastischen Malmesser, das an einer Seite angeschrägt wurde. Ich verwandte Tubenölfarbe, die ich mit trockenem Farbpigment eindickte und so eine zum breiten Auftrag geeignete Substanz erhielt. Die aufgespachtelte Farbe habe ich dann mit dem Messer immer wieder abgetragen, dann neue Farbe übergelegt und wieder abgekratzt, so daß zartfarbige Schichten entstanden. Ich möchte diese Malweise deshalb nicht als die übliche sogenannte Spachtelmalerei bezeichnet wissen. In dieser Technik habe ich eine ganze Reihe Bilder gemalt.“
Aus: Karl-Heinz Hoyer, Carl Lambertz, S. 44, 46, 54; dort auch die hier nicht wiedergegebenen Bilder.